Das Schreckgespenst aller Pferdebesitzer hat einen Namen: Kolik. Ist das Gleichgewicht im empfindlichen Magen-Darm-Trakt des Pferdes durcheinander geraten, ist das ein Notfall – und rasches und richtiges Handeln sind gefragt.
Das Pferd läuft unruhig umher, schlägt mit dem Schweif, scharrt, sieht sich nach seinem Bauch um oder schlägt mit den Hinterhufen dagegen. Es legt sich nieder und steht wieder auf, ausserdem frisst und trinkt es nichts mehr. Das Pferd zeigt Anzeichen einer Kolik – ein Zustand, der selbst den gelassensten Pferdehalter aus der Ruhe bringt. Denn eine Kolik ist unberechenbar. Milde Anzeichen können sich innert weniger Stunden dramatisch verschlimmern und das zuvor kerngesunde Pferd in Lebensgefahr bringen.
Die Kolik ist keine Krankheit, sondern ein Anzeichen dafür, dass im Innern des Pferdes etwas nicht stimmt. Die Ursache kann in den Nieren oder Harnwegen zu finden sein, in der Leber, der Milz, im Bauchfell oder in den Geschlechtsorganen, vor allem der Stute, doch am häufigsten betroffen ist der Magen-Darm-Trakt. Dieser ist beim Pferd kompliziert aufgebaut und bietet viele Möglichkeiten zur Entstehung von Krankheiten. Der Darm ist mit über 30 Metern enorm lang. Durch seine «Aufhängung» in der Bauchhöhle kann er sich in verschiedene Richtungen bewegen, aber auch einklemmen, abknicken oder verschlingen. Ausserdem gibt es am Übergang verschiedener Darmteile einige enge Passagen, an denen Verstopfungen drohen.
Die häufigsten Ursachen für Koliken sind schlechte Futterqualität (Schimmel, Gärung), fehlerhafte Fütterung (zu grosse Mengen auf einmal, zu wenig Raufutter, zu kaltes Wasser, abrupte Futterumstellung), mangelnde Bewegung, Stress (an Turnieren, beim Transport) sowie starker Wurmbefall.
Die Ursache der Kolik und wie bedrohlich diese ist, kann man nicht am Grad der Schmerzen erkennen. So löst ein Krampf im Darm oft heftige Schmerzen aus, er kann aber von einer Minute auf die andere wieder vorbei sein. Anders verhält es sich bei schwerwiegenden Koliken, wie z.B einer Darmverschlingung. Diese beginnt meist mit leichten Symptomen, die dann immer stärker werden. Eine verlässliche Diagnose kann nur der Tierarzt stellen – und dies meist auch nicht sofort. Bis zu dessen Eintreffen sollte man den Vierbeiner nicht mehr aus den Augen lassen. Er darf und will meist keine Nahrung mehr zu sich nehmen, Wasser kann jedoch weiter angeboten werden. Will sich das Pferd bewegen, kann es im Schritt geführt werden. Schwitzt es stark, sollte es bei kühler Witterung eingedeckt werden.
Zur Anregung der Darmtätigkeit können Unterbauch und Flanken mit Strohbüscheln massiert werden. Eine Überprüfung von Puls, Atmung und Temperatur gibt dem Pferdehalter weitere Auskunft über den Gesundheitszustand seines Tieres. Für ein erwachsenes Pferd im Ruhezustand gelten 30 bis 40 Pulsschläge und 8 bis 16 Atemzüge in der Minute sowie eine Temperatur von 37.5 bis 38.3 Grad als normal. Je nach Schweregrad der Kolik könnend diese Werte drastisch erhöht sein.
Etwa 4 von 100 Pferden erleiden pro Jahr eine Kolik – damit ist diese der häufigste Notfall in der Pferdepraxis. Bei der Untersuchung beurteilt der Veterinär den Kreislaufzustand des Kolikers, den Schweregrad seiner Schmerzen, die Darmmotilität sowie Lage und Füllzustand der Darmabschnitte. Allenfalls nimmt er weitere Untersuchungen vor, z.B. untersucht er mit Hilfe einer Nasenschlundsonde Menge und Beschaffenheit des Mageninhalts oder er versucht über Blutproben oder eine Bauchhöhlenpunktion mehr Anhaltspunkte über die Ursache der Kolik zu gewinnen. In vielen Fällen hilft eine krampflösende Injektion, um das Pferd von seinen Bauchschmerzen zu befreien. Spricht das Tier darauf aber nicht oder nur ganz kurz an, kann eine schwerere Erkrankungsform vorliegen. In solchen Fällen ist meist die Überweisung an eine Tierklinik notwendig. Bei rund 10 Prozent aller Kolikpatienten wird eine Operation nötig. Für den Heilungserfolg ist relevant, wie viel Zeit verstrichen ist, bis das Pferd auf dem Operationstisch liegt. Eingeklemmte oder verdrehte Darmteile werden nur schlecht oder gar nicht mehr durchblutet, so dass der betroffene Abschnitt innert weniger Stunden abstirbt. Das Ausmass der Schäden erkennt der Tierarzt meist erst während der Operation. Besteht keine Chance auf Heilung, kann das Tier noch während der Narkose eingeschläfert werden.
Da viele Koliken durch Fehler in der Haltung und Fütterung verursacht werden, kann der Pferdhalter viel zur Vorbeugung beitragen. In freier Wildbahn ist das Pferd den ganzen Tag mit Fressen beschäftigt. Heute erhalten die meisten Freizeit- und Sportpferde nur noch zwei grosse Mahlzeiten am Tag, welche die Verdauungsorgane in einem kurzen Zeitraum stark belasten. Sowohl Heu als auch Kraftfutter sollten deshalb in mehreren kleinen Portionen verabreicht werden, vor allem bei kolikanfälligen Pferden. Plötzliche Futterwechsel sind ebenso zu vermeiden, wie eine Überfütterung. Pferde brauchen den ganzen Tag Zugang zu frischem, nicht zu kaltem Trinkwasser. An Stroh und Heu müssen höchste Qualitätsansprüche gestellt werden. Ist es verschimmelt, gehört es auf den Mist. Notorische Strohfresser sollten auf Torf, Papierschnitzel oder Sägespäne gestellt werden und das Raufutter nur in gut dosierter Menge bekommen. Geschnittenes Gras muss frisch verfüttert werden. Feuchtigkeit und Wärme bringen es sonst zum Gären, was heftige Koliken auslösen kann. Eine weitere wichtige Massnahme ist die strategische Bekämpfung von Parasiten. Ein entsprechender Entwurmungsplan wird am besten zusammen mit dem Tierarzt ausgearbeitet.
Zeigt das Pferd die Symptome einer Kolik, sollte der Pferdehalter wie folgt vorgehen: